Neuseeland, 5. Teil

Hi there,
entschuldigt bitte die wackelige schrift Lachend, dieses mail entsteht an bord des berühmten „tranzalpine“ – eines der ganz wenigen züge in neuseeland, die dafür mit einer beeindruckenden panoramastrecke aufwarten – ein absolutes pflichtprogramm für unseren zugfan jo! Und da die fahrt von christchurch an der ostküste der südinsel über hochalpines gebiet (das in nz schon bei ca 800 höhenmeter beginnt) mit hilfe vieler viadukte und 19 tunnels bis an den regenwald der westküste 4,5 stunden dauert, und meine männer – alle 3! – sich freundlicherweise die ohren zugestoppelt haben, um sich unterschiedliches akustisches material von den olchis bis eric clapton zuzuführen, kann ich mich in ruhe mit dem wohl letzten nz-mail an euch beschäftigt.

Unglaublich, wie schnell unser ablaufdatum als teilzeit-kiwis naht… ein beängstigender gedanke, auch wenn sich hin und wieder auch in meinen kopf der gedanken an heimatlichen komfort einschleicht… so eine badewanne… ein geschirrspüler!!!... ein  etwas größeres bett?...schwarzbrot und kernöl… und vielleicht doch ein bissl mehr platz für 4 personen als die vielleicht 4 m, die unser macbritzi bietet. Letzteres ist vor allem dann attraktiv, wenn es draußen regnet und die jungs sich wieder mal neu ausmachen müssen, wer denn eigentlich der chef ist! Schlimm wird nur die qual der wahl vor unseren heimatlichen kleiderschränken werden – die momentane entscheidung zwischen dem roten und dem blauen t-shirt fällt relativ leicht, wenn das rote schon deutliche gebrauchsspuren aufweist J. Wir sind übrigens mittlerweile auf bauchfrei umgestiegen – die folge des häufigen gebrauchs neuseeländischer wäschetrockner…

wir sind mittlerweile wieder seit fast einem monat unterwegs. Der abschied von motueka ist uns allen unerwartet schwer gefallen! Wir hatten uns wirklich schon gewöhnt an unser kiwi-domizil, und die kinder wollten beide nicht weg aus ihrer schule. Ein höhepunkt war auch die aufführung des „king of ireland´s son“, eines fast einstündigen theaterstückes, das jos klasse zu schulschluss vorführte. Jo selbst hat den gesamten text – die erzählteile wurden von allen kindern im chor gesprochen und waren gereimt, teils in altem englisch – auswendig gekonnt, unglaublich! Auch timi begeistert uns immer wieder mit seinen liedern und gedichten auf englisch – er ist auch der einzige in der familie, der einige maori-lieder kann! Natürlich haben auch beide gute freunde gefunden, von denen sie sich nur sehr ungern verabschiedet haben. Vor allem jonathan hat sich in seiner klasse sehr wohl gefühlt und redet jetzt schon davon, dass wir unbedingt wiederkommen müssen. Sein lehrer david hat gemeint, dass er nach einem weiteren term wohl wie ein echter kiwi klingen würde – er war auch jetzt schon begeistert von den fortschritten, die er in nur 9 wochen in der schule gemacht hat. Wäre das sprachenlernen auch später noch so einfach, wäre ich an der uni wohl arbeitslos….
unseren abschied haben wir mit deutschen freunden gefeiert, die vor 10 jahren ausgewandert sind, und die in einem traumhaus mit blick auf eine wunderschöne bucht wohnen. Von der veranda aus geht es über grüne wiese zum strand, wo die kinder (ihre drei und unsere 2 buben) begeistert in voller adjustierung (wetsuit, schwimmweste) gepaddelt sind. Ein richtiger piratentraum mit kleinen felsinseln, die auf die eroberung warten! Auch uns hat´s recht gut gefallen – mit (von unseren buben!) frisch gefangenem und geräuchertem lachs und sauvignon blanc auf der terrasse mit blick aufs meer haben wir darüber nachgedacht, warum wir nicht eigentlich doch dableiben…vielleicht könnte man ja veranlassen, dass die eu künftig in neuseeland tagt J??
Was uns den abschied ein bissl erleichtert hat, war die tatsache, dass die region um motueka in den weihnachtsferien von touristen regelrecht überschwemmt wird – es ist DIE feriendestination für die neuseeländer selbst, die die traumhaften strände der region auch mal genießen wollen… wir sind daher an die wilde westküste geflüchtet – und haben höchst abenteuerliche weihnachten verbracht. Kiwi-wihnachten sind wirklich ganz anders – es will bei sonne und sand und meer einfach keine rechte besinnlichkeit aufkommen. Daran ändern auch die mit kunstschnee besprühten plastikchristbäume in den auslagen nichts – sie stehen direkt neben surfboards und riesengrillern. Die kiwi-variante – ruhiger abend daheim am 24.12., dann großes picknick mit der familie am 25.12. am strand und ev. Familientreffen am stefanitag – ist durchaus nachvollziehbar und hat auch seine vorteile: man hat den eindruck, dass zwar die feierlichkeit abhanden gekommen ist, gleichzeitig gibt’s aber auch nicht den feierlichen stress, der bei uns so manchem die ruhige zeit vergraust J. Wir haben uns jedenfalls fast angepasst: am 24.12. gabs action-programm mit gold-suchen, einer riesigen hängebrücke über die buller-schlucht und nicht zuletzt eine fahrt mit dem „goldrush-jet“ – einem megaschnellen boot, das mit haarsträubender geschwindigkeit  extrem nah an felsen vorbeiglüht. Was tut man nicht alles für die lieben kleinen!! Und weil das adrenalin eh schon geflossen ist, bin ich gleich noch mit timi in einem „flying fox“, einem sitzgurt, der an einem kabel befestigt ist, über die schlucht zurückgerast. Sehr besinnlich J! Nachdem die kinder sicherheitshalber doch auf santa gesetzt haben, da ihnen die sache mit dem christkind zu unsicher war, baumelten riesige wunderbar kitschige „socken“ die nacht über von den kästen über unserem bett und waren – oh wunder! – in der früh tatsächlich mit allerhand geschenken gefüllt. Auf das picknick haben wir verzichtet – hunderte sandflies lauerten gierig an den moskitonetzen unserer fenster!!!
Ein weiterer höhepunkt war dann der beginn des heaphy-track – eine ganz einsame region an der nördlichen westcoast der südinsel, berühmt für die wilden strände und die traumhaften wälder, die hier mit nikau-palmen gespickt sind. Wir haben noch mal unsere schweren rucksäcke geschultert und uns für 3 tage in die wildnis begeben – die kinder sind mittlerweile wirklich schon sehr brav und schleppen ihre großen rucksäcke mit schlafsacken, matten und gewand (fast) ohne jammern. Die belohnung war ein toller zeltplatz, eine lichtung inmitten von nikau-palmen, mit einem riesigen strand, wo die wilden brecher der tasman-see hereindonnern. Gewagte dünen-sprünge, lagerfeuer am abend, sonnenuntergang im meer – ein unglaubliches idyll, wären da nicht – die millionen von sandflies!!! Diese kleinen schwarzen fliegen sind herbies höchstpersönliche feinde – und wir haben sie noch nie so erlebt wie am ersten abend an scotts beach. Die kerlchen beißen ganz heftig und hinterlassen mörderisch juckende stiche, die einen bis zu 14 tage quälen. Unser idyllisches abendessen ganz allein am kilometerlangen strand fiel etwas ungemütlich aus: essen war nur im gehen möglich, und selbst dann musste mit einem relativ hohen „sandfly-intake“ gerechnet werden. Timis kommentar (abgesehen von nicht druckreifen flüchen der gesamten familie): also das ist mir jetzt echt ein bissl peinlich, da blöd herumgehen beim essen. Armes zivilisationsgeschädigtes kind, was haben wir bloß angerichtet!!!
Die elterliche stimmung (vor allem die des männlichen teils, ohne namen nennen zu wollen J) wurde erst besser, als der in einer saftflasche getarnte rotwein gänzlich verdunstet war… jeder gedanke an rationierung war verflogen!! Zum glück gabs am zweiten tag schon wieder etwas wind, was die plage erträglich machte. Trotzdem ein interessantes erlebnis, wenn man morgens aufwacht, weil der regen auf das zelt prasselt – der sich dann als tausende sandflies entpuppt, die zwischen innen-und außenzelt ihr domizil aufgeschlagen hatten! Die kiwis selbst behaupten ja, die sandflies seien hier ausgesetzt worden, um diese traumhaft schöne landschaft vor menschlicher besiedlung zu bewahren – erfolgreich…
Weiter gings entlang der wilden westküste: wunderschöne kalksteinformationen im regenwald mit tannin-braunen flüssen, in denen sich baumfarne spiegeln… pancake-rocks, die wirklich wie gestapelte palatschinken ausschauen und bei flut hohe wasserfontänen ausspucken ; riesige flusstäler, hinter denen zunehmend höhere berge aufragen – und nicht zuletzt die berühmten gletscher der südalpen, die hier fast direkt aus dem regenwald der küste aufragen. Letzteres natürlich nur, wenn sie nicht von dicken wolken eingehüllt sind – was sie die meiste zeit sind, da es hier mehr regnet als irgendwo sonst in nz. Wir haben immerhin einen blick erhaschen können, bevor es wieder zugezogen hat, und auch die gletscherzunge des franz josef-gletschers (ja, der kaiser lässt grüßen – entdeckt und erforscht von einem österreicher) war schon recht beeindruckend. Leider hat uns das schlechte wetter dann ein bissl verfolgt – dicke wolkendecken, regen und wind haben uns leider in die region der southern lakes begleitet, die auch ein höhepunkt jeder nz-reise sind. Trotzdem konnte queenstown natürlich in unserer sammlung nicht fehlen – die abenteuer-hauptstadt neuseelands! Unglaubliche bergpanoramen hinter türkisfarbenen seen und flüssen machen es verständlich, dass viele von einem der schönstgelegenen orte der welt sprechen! Hier wagten wir die lange versprochene jetboat-fahrt am dart-river – einer extrem einsamen wilden hochgebirgsgegend, wo sich filmteams aus aller welt die klinke in die hand geben, wenn sie wildnis filmen wollen (für herr der ringe wurde hier 5 monate gefilmt). Die blicke sind wirklich unbeschreiblich – auch wenn für uns das wetter nicht ganz so optimal war und der fluss wegen hochwasser nicht türkis, sondern eher grau. Das jetboat braucht aufgrund seiner speziellen konstruktion nur 10 cm wassertiefe und rast dementsprechend in den winzigen seitenarmen des riesigen dart-tales dahin… ich hab zum glück nicht wirklich gut nach vorne gesehen… und weiß jetzt ganz sicher, dass ich eher der typ für den 100 jahre alten raddampfer bin, der als alternative am lake wakatipu dahindampft J. Die kids waren begeistert – vor allem von den 360 grad spins, wo sich das boot ganz abrupt um die eigene achse dreht und dabei natürlich entsprechend schräg im wasser liegt! Und weil man in queenstown an einem tag mehr geld ausgeben kann als anderswo, haben auch wir uns redlich bemüht – und sind noch mit der gondel gefahren, von deren bergstation man einen blick wie aus dem flugzeug hat;  dann folgte noch der „luge“, eine art sommerrodelbahn, und schließich kinder-bungy, eine art riesentrampolin, wo die kinder in einem sitzgurt sitzend an zwei bungyseilen mehrere meter in die höhe springen können. Herbie und ich wollten nicht nachstehen und sprangen von der weltberühmten kawarau-bridge, der ersten kommerziellen bungy-station der welt, versuchten uns im sky-diving und schaukelten auf der weltgrößten schaukel mit 120kmh über einen canyon. Der heli-jump hatte leider schon zu ;-) (oder hätten all das gemacht wenn nicht leider plötzlich die kreditkarte im geldtascherl geklemmt hätte – so was blödes!!!). aber zugeschaut haben wir schon – was die gruppendynamik alles ausmacht! Ganze autobusse stürzen sich von der brücke 43m tief in den canyon richtung türkisfarbenem wasser, wo sie dann kopfüber hängend mit einer stange von einem schlauchboot, das im wildwasser schwankt, wieder eingefangen werden – eine/r nach dem anderen, im 5-minuten-takt!!! Der einzige, der wirklich gern gesprungen wäre, war timi – gott sei dank gibt es eine altersgrenze von 10 jahren!!! Der älteste springer war angeblich 92 – da haben wir ja noch ein bissl zeit…
In anbetracht der sehr instabilen wetterlage haben wir darauf verzichtet, noch weiter in den süden zu fahren, und sind an die „trockene“ostküste geflüchtet – wo uns regen empfangen hat! Und damit nicht genug – eines morgens war es plötzlich 15 grad kälter – der southerly hat zugeschlagen, und da dieser gefürchtete wind direkt aus der antarktis kommt, ist eh alles klar… ergebnis: beim nächtlichen warten auf die entzückenden kleinen blue pinguins, die hier nach einbruch der dunkelheit eine geschützte kolonie aufsuchen, wo man sie beobachten kann, waren wir am ende mindestens ebenso blue – vor kälte! Umso attraktiver die perspektive, einen tag im trockenen, warmen zug zu sitzen… (dass wir am Vormittag in selbigem fast erfroren wären, weil die klimaanlage defekt war, konnte ja wirklich niemand ahnen J). Und jetzt rollen wir also gerade durch die letzten westcoast-täler richtung arthur´s pass, bevor wir dann am anderen ende der reise die fruchtbaren ebenen der canterbury plains erreichen. 
Unsere weiteren reisepläne? Sind noch recht ungewiss: wir haben echt lust auf sonne und strand und werden uns daher wohl hautpsächlich nach dem wetter richten. Pflicht sind noch die wale in kaikoura, dann werden wir wohl bald auf die nordinsel übersetzen und langsam zurück richtung auckland fahren. Wenn möglich, wollen wir dann irgendwo ganz gemütlich am meer noch ein paar ruhige tage einlegen, um all die vielen eindrücke ein bissl verarbeiten zu können. Und uns langsam an den gedanken des heimfahrens zu gewöhnen…
Am 8.2. geben wir dann unseren macbritzi zurück und fahren zum flughafen, wo wir dann richtung los angeles abheben. Von dort geht’s nach london und weiter nach wien, wo wir hoffentlich am 9.2.einigermaßen „zerwuzelt“ ankommen werden. 
Und da wir dann sicherlich höchst trost- und betreuungsbedürftig sein werden, hoffen wir sehr, euch alle bald wiederzusehen!!! Up over, sozusagen…
Wir bringen auf jeden fall ganz, ganz viele geschichten mit, eindrücke, erlebnisse – und auch das eine oder andere foto…. (die 12h video-doku werden wir euch ersparen!!!).
See ya – und heizt schon einmal ein bissl ein für uns!

Hehejoti (das ist maori und heisst "diefamilieausdemlandderbleichenalpenbewohneramanderenendederwelt")